Der Vater des berühmten Architekten, der Brünner Bildhauer und Steinmetz Adolf Loos sen. (1829‒1879) wurde am 17. August 1829 in Iglau (Jihlava) als fünftes von sieben Kindern des Lehrers Franz Loos und dessen Frau Franziska geboren. Von Iglau zog die ganze Familie im Jahr 1838 nach Brünn, wo Adolf Loos sen. zunächst in der Zeichenschule von Mathias Stiastny (1794–1866) eine Lehre machte und ab 1849 an der Wiener Akademie in der Abteilung Malerei zu studieren begann. Nach dem Tode des Vaters wechselte er im Jahr 1852 zum Bildhaueratelier, wo er bis zum Wintersemester 1855–1856 studierte, das Studium offenbar jedoch nicht abgeschlossen hat. Während des Studiums und kurz danach arbeitete Loos in den Ateliers der Wiener Bildhauer Franz Schwarzer, Josef Schönfeld und Franz Melnitzky.
Gerade mit Franz Melnitzky (1822–1876) arbeitete er an seinem allerersten Auftrag für Brünn zusammen, der aus der bildhauerischen Verzierung eines Brunnens bestand, die den Stadtpark Augarten verschönern sollte. Die qualitativ hochstehende Bildhauerarbeit weist die typischen formalen Merkmale der damaligen Wiener Bildhauerproduktion auf. Die pyramidal komponierte Statuengruppe stellt die Figuren von drei auf einer kleinen runden Insel in der Brunnemitte gruppierten Knaben dar. Einer der Knaben hält das mährische Landeswappen mit dem Adler in der Hand, der zweite hält den Zipfel eines Fischernetzes mit den gefangenen Fischen fest, während der dritte mit beiden Armen eine hohe Schilfstaude umarmt. Seitlich am Fuß der Statuengruppe können wir das als Relief ausgeführte Wappen der Adelsfamilie Lažanský von Bukowa erkennen: auf ihm befindet sich der seit jeher als „Humpen“ bezeichnete Teil eines Wagenrads. Weil das Wappenzeichen der Familie ein silberner „Humpen“ auf rotem Feld war, wird dies auf dem bildhauerischen Werk plastisch dargestellt: in der heraldischen Kodifizierung für Darstellungen in schwarz-weiß wird die rote Farbe mit einer senkrechten Schraffierung gekennzeichnet. Das Wappen befindet sich aus einem einfachen Grund auf der Statuengruppe: Leopold Graf Lažanský von Bukowa (1808‒1860) war in den Jahren 1850‒1860 Statthalter von Mähren – der höchste politische Repräsentant der mährischen Landesselbstverwaltung. In den Jahren 1860–1939 wurde der heutige Mährische Platz nach ihm benannt, wo seit 1901 auch sein Denkmal steht, das offenbar ursprünglich sein vom vom aufgelösten Städtischen Friedhof in der Kounicova-Straße dorthin versetztes Grabmal war.
Für den Augarten, der von Kaiser Josef II. im Jahr 1786 als erster öffentlicher Park in den böhmischen Ländern angelegt wurde, war auch der (nicht realisierte) Entwurf eines Denkmals von Josef II. bestimmt. Dieser Entwurf wurde von Loos sen. im November 1861 auf einer Brünner Gemäldeausstellung in zwei Varianten präsentiert und auf diese Weise der Kunstöffentlichkeit vorgestellt. Auf dem einzigen bislang bekannten fotografischem Porträt ist Adolf Loos sen. neben dem Tisch abgebildet, auf dem gerade eine der Varianten der erwähnten Figur Josefs II. steht.
Anfang der sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts begann der junge Bildhauer damit, in Brünn tätig zu werden und wurde zu einer der anerkanntesten Persönlichkeiten der dortigen Kultur. In demselben Jahr, in dem die Statuengruppe im Augarten entstand, hat er acuh seine Steinmetzfirma gegründet, deren Tätigkeit sich ab dem Jahr 1860 kontinuierlich bis Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts entfaltete.
PC