Grabmal der Familie Ritter von Bauer (Brno, Zentralfriedhof, Gruppe 27, Grab Nr. 39–41; früher Gruppe 12, Grab Nr. 1–5), 1883‒1887, grauer Schluffstein, roter Porphyr, gelb-weißer Laaser Marmor, nicht signiert.
Das teilweise erhalten gebliebene Grabmal der Familie Ritter von Bauer zählt zu den bedeutenden „Brünner Spuren von Adolf Loos“, obwohl es kein Werk des Vaters des Architekten ist. Es handelt sich dabei um das Grabmal der Familie von Loosens wichtigstem mährischen Auftraggeber, nämlich des Unternehmers in der Zuckerindustrie Dr. jur. Viktor Ritter von Bauer (* 2. 4. 1876 Brno – † 3. 8. 1939 Kunín), für den Loos jun. in Hrušovany bei Brünn die Direktorenvilla der dortigen Zuckerraffinerie entwarf (1913-1914). Gleichzeitig ist das Grabmal mit der figuralen Bildhauerverzierung auch eine qualitativ hochstehendes Vorzeigestück der sepulkralen Bildhauerkunst des letzten Viertels des 19. Jahrhunderts.
Das Grabmal, das wir heute auf dem Zentralfriedhof sehen können, hat eine etwas komplizierte Geschichte hinter sich: Das ursprüngliche Grab der Familie Ritter von Bauer wurde in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts in dem neu gegründeten Zentralfriedhof errichtet. Die ausgedehnte Grabstelle befand sich in Gruppe12, Grab Nr. 1–5 und wird bis heute von dem ursprünglichen Gusseisengitter abgegrenzt. Das monumentale Grabmal war das Werk des ehemaligen Teilhabers von Adolf Loos sen. Johann Eduard Tomola, der damals bereits einen eigenen Gewerbebetrieb führte und der Hauptkonkurrent von Loosens Witwe war. Beigesetzt wurden dort Viktor Bauers Großvater Moritz Johann Bauer (* 12. 10. 1812 Rosice bei Brno – † 13. 4. 1895 Brno) und seine beiden Elternteile Viktor Arnold Jakob Bauer (* 16. 4. 1847 Brno – † 30. 9. 1911 Breitenstein) und Marietta Johanna Bauer (* 21. 11. 1856 Brno – † 1. 6. 1911 Brno).
Die künstlerische Qualität des Grabmals erfreute sich bereits während seiner Entstehungszeit einer großen Resonanz, so wurde es beispielsweise im Jahr 1887 von Moritz Trapp detailliert beschrieben, der auch Tomolas Autorschaft angibt. Es hatte die Form eines hohen Sockels aus Schluffstein, auf dem ein Sarkophag aus rotem Porphyr ruhte, dekoriert mit dem Motiv einer endlosen Welle. An ihn war die Figur eines trauernden Engels in Lebensgröße mit an der Brust überkreuzten Armen angelehnt.
Das Aussehen des Grabmals an der ursprünglichen Grabstelle kennen wir lediglich von einigen Archivfotografien. Obwohl das Grabmal ein Kulturdenkmal war, wurde das Grab im Jahr 1992 beseitigt, das Grabmal wurde verkauft und an die heutige Stelle versetzt (Gruppe 27, Grab Nr. 39–41), wo Teile der ursprünglichen Grabarchitektur in abgeänderter Form sekundär für die Dekoration des Grabes der Familie Fatrdl verwendet wurden.
Erhalten geblieben ist zum Glück jedoch die wohlgeformte Figur des trauernden Engels mit dem einnehmenden, für die Typik von Tomolas Figuren charakteristischen Gesichtsausdruck. Dieselbe Engelsfigur benutzte Tomola beispielsweise auch für die Gruft der Familie Pohl auf dem städtischen Friedhof in Opava.
PC