Anlässlich der Ausstellung der zeitgenössischen Kultur in der Tschechoslowakei im Jahre 1928 entstand die urbanistische Konzeption des ganzen Ausstellungsareals, die u. a. mit einer günstig situierten Straßenbahnhaltestelle rechnete. Sie befand sich logisch am Haupteingang des Brünner Messegeländes, das an der Nordseite mit der Gleisanlage der Straßenbahn gesäumt ist.
Die Linie der Dampfstraßenbahn Pisárky (Schreibwald) – Královo Pole (Königsfeld - Karthaus), die das Stadtzentrum in der Nähe des Hauptbahnhofs durchquerte, führte dort bereits seit 1884. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Linie elektrifiziert und im Jahre 1900 fuhr an der weiß bezeichneten Linie die erste elektrische Straßenbahn der Stadt los. Ab 1931 trägt diese Linie die Nummer 1, was ihre Bedeutung unter anderen Hauptlinien des öffentlichen Brünner Stadtverkehrs belegt. Weil die ersten Busse in der Stadt erst 1930 eingeführt wurden, wurde der Transport der Besucher auf das Messegelände zur Zeit der Ausstellung der zeitgenössischen Kultur hauptsächlich durch Straßenbahnen gesichert, die bis heute ihre Priorität beibehalten.
Mit dem Projekt des Straßenbahnsteigs mit großer Kapazität wurde Architekt Bohuslav Fuchs beauftragt. Er nutzte den Höhenunterschied zwischen der Hlinky-Straße und dem Messegelände, so dass der Bahnsteig den Charakter einer Aussichtsterrasse erhielt, die den Blick auf den Eingang in das Ausstellungsareal bot. Damit der Transport zügig bleibt, bekam die Haltestelle drei Perrons, die eine hohe Zahl der Fahrgäste abfertigen konnten dank einer Unterführung und einer breiten doppelläufigen Treppenanlage, die u. a. ihren Ström natürlich lenkte. Auf die beiden Treppenflügel, die unter die Perrons führen, knüpfen die ursprünglichen bootförmigen Kassen an, zwischen welche eine breite Unterführung gelegt ist. Die Achsensymmetrie der ganzen Bauanlage, ihre Großzügigkeit und Schlichtheit im Geiste des Funktionalismus machen einen ruhigen und zugleich monumentalen Eindruck.
Da der Straßenverkehr in der Tschechoslowakei bis 1938 linksseitig war, stiegen die vom Stadtzentrum aus kommenden Besucher der Ausstellung der zeitgenössischen Kultur auf die ausgedehnte Aussichtsterrasse mit dem Ausblick auf den Haupteingang des Messegeländes aus und gingen dann die Stiege zu den Kassen hinab. Die in die Stadt zurückkehrenden Fahrgäste gingen zwischen den Kassen in die Unterführung, die sie zu den weiteren Perrons führte. Die Einführung des rechtsseitigen Verkehrs störte zwar das architektonische Konzept und wendete den Strom der Reisenden um, die Funktion und Form der Haltestelle blieben jedoch trotz mehreren offenbaren Rekonstruktionen bis heute erhalten. Die spätere Pflasterung der Terrasse, die neuere Beleuchtung der Unterführung und die Fassadenfarbe senken keineswegs den ursprünglichen Effekt der Haltestelle. Anders ist es mit den Kassen, deren neue Überdachung mit dunklem Belag bei dem Blick von der Terrasse aus störend wirkt und deren zugemauerten Kassenschalter von ihnen Zubauten ohne sichtbare Funktion machen.
ŠB