Der Sitz der tschechoslowakischen staatlichen Eisenbahndirektion hat im Jahr 1948 den ansehnlichen Boulevard Kounicova vorbildhaft ergänzt. Für das Eisenbahnverwaltungsgebäude hat Evžen Škarda das in dichter Nachbarschaft zum funktionalistischen Sokol-Gebäude Stadion des Architekten Miloš Laml [C274] gelegene abschüssige Gelände an der Ecke der Straßen Kounicova und Sokolská genutzt. Das Verwaltungsgebäude schloss dicht an Roiths monumentale, vom Nationalstil und Kubismus beeinflusste Post- und Telegraphenzentrale aus den Jahren 1923–1925 [C272] an, die ursprünglich eine urbanistische Einheit mit daneben geplantem Postscheckamt für bargeldlose Zahlungen bilden sollte und wegen fehlender Gelder nicht realisiert wurde. Nach der Nachkriegszusammenlegung der Post- und Eisenbahnministerien zum Verkehrsministerium wurde das freie Gelände auf der lukrativen Parzelle deshalb für den Bau der tschechoslowakischen Eisenbahndirektion zur Verfügung gestellt.
Der Architekt Evžen Škarda erhielt seine Ausbildung an der Technischen Hochschule, wo er als Assistent von Jiří Kroha tätig war. In den dreißiger Jahren beschäftigte er sich im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit vornehmlich mit Familienhäusern. Zu den interessantesten Beispielen aus dieser Schaffensetappe Škardas zählt die Villa der Eheleute Láska im Brünner Stadtviertel Schreibwald (Pisárky) aus den Jahren 1937–1938 [C057]. Der Entwurf der tschechoslowakischen staatlichen Eisenbahndirektion aus dem Jahr 1937 hat somit seine spätere Neigung zur Typologie öffentlicher bzw. administrativer Bauten angedeutet. Das Verwaltungsobjekt mit den Büroräumlichkeiten der Eisenbahn wurde faktisch erst nach Kriegsende realisiert. Es weist jedoch ganz klar die Merkmale des Zwischenkriegsfunktionalismus auf und repräsentiert somit die kurzzeitige Etappe, als der internationale Stil in der Zeit kurz nach 1945 am Ausklingen war noch bevor der vom offiziellen totalitären Regime durchgesetzte sozialistische Realismus zu Wort kam.
Die beiden von der Straße zurückspringenden, die Straßen Kounicova und Tučkova kopierenden massiven Flügel werden in zwei Dritteln der Länge entlang der Straße Sokolská rasant von einem weiteren Büroblock quer durchschnitten, der zugleich einen geräumigen quadratischen Innenhof bildet. Die genügsam abgehandelten glatten Fassaden werden lediglich von dem dichten Rhythmus kleinerer zweiteiliger Fenster mit kontrastierenden roten Rahmen traktiert. Die schmäleren Enden aller Flügel werden hingegen durch Fensterbänder mit vier Feldern charakterisiert. Der Haupteingang in das Gebäude mit dem Grundriss eines langgezogenen Buchstabens H legte Škarda an die Straße Kounicová. Dessen repräsentativen Charakter hob er mit einem mächtigen Säulengang mit vorgesetzter Überdachung hervor, der einen offenen und luftigen Unterbau des durchgehenden Flügels bildet. Würde und Monumentalität der Direktion des staatlichen Beförderungsunternehmens werden auch durch die verwendeten Details zum Ausdruck gebracht. Zu nennen sind hier die Verkleidung der Unterbauten der Flügel durch beständige qualtitativ hochwertige Materialien, die an der Seitenfassade des Haupteingangs angebrachte Uhr, die relingartigen Geländer auf dem Dach der niedrigeren Endflügel zur Straße Sokolská hin oder die ausdrucksvolle, eingelassene Loggia mit dem sich über zwei Stockwerke hinziehenden Säulenpaar.
Als Eisenbahndirektion wurde das Gebäude nur kurzfristig bis zum Jahr 1951 genutzt, als dort die Kommandantur der Staatssicherheit, das repressive Hauptorgan des neuen politischen Regimes untergebracht wurde. Heute ist das Objekt in der ursprünglichen Form gut erhalten und wird als Kreisdirektion der Polizei des Landkreises Südmähren genutzt.
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