Im Jahr 1968 beschäftigte sich Ivan Ruller mit dem Entwurf des Familienwohnhauses für seinen langjährigen Kollegen Miloslav Petráček, dem Direktor der auf den Bau von Erdölraffinerien ausgerichteten Planungsgesellschaft Chemoprojekt, in dem der Architekt in den sechziger Jahren an der Erstellung von Angeboten und Dokumentationen für Erdölraffinerien in Chittagong und in Ceylon gearbeitet hatte. Petráčeks Familienhaus bleibt den Augen von Passanten tief im Innern eines Villenwohnblocks im Brünner Masaryk-Viertel verborgen und bildet mit dem umliegenden Grün und dem Raum eines abschüssigen Gartens eine ungewöhnliche Harmonie.
Ruller, der die Gesellschaft Chemoprojekt damals verließ und in der Abteilung des Hauptarchitekten Brünns zu arbeiten begann, behandelte die freie Rasenparzelle im Hügel zwischen den Straßen Preslová und Barvičová sensibel und kreativ, der Entwurf von Petráčeks Familienwohnhaus basiert direkt auf der konkreten Umgebung, auf welche die Anordnung des Hauses reagiert. Das längliche, horizontale Haus bietet im Ostteil zwei Etagen. Das technische Untergeschoss mit Garage, Werkstatt, Waschraum, Trockenraum, Kesselraum und den Kellerräumen bildet den Unterbau der oberen Wohnzone mit den Schlafzimmern der Eltern, Kindern und einem Arbeitszimmer. Im Westteil des Hauses erstreckt sich über eine Etage ein großzügiges Wohnzimmer mit Essnische, das durch große, die ganze Südfassade des Wohnzimmers füllende Fensterscheiben intensiv mit der Außenterrasse und dem Garten verbunden ist. Der innere, zur Erholung dienende und zugleich das gesellschaftliche Hauptzentrum des Hauses bildende Raum wirkt deswegen leicht, luftig, sehr hell und bietet wirkungsvolle Durchsichten in das umliegende Grün, umrahmt von dem die Fensterfüllungen umgebenden und an der Decke sich wiederholenden Kiefernholz. Ivan Ruller hat bei Petráčeks Haus die Kontrastwirkung verschiedener Materialien außerordentlich gut miteinander kombiniert – die Steingutverkleidung der vorspringenden Mauer im Souterrain an der Garage und das im Innern des Wohnzimmers auftauchende Backsteinmauerwerk aus weißem Kalksandstein mit dem Beton der mächtigen durchgehenden Attika, die in Form eines Stahlbetonrostes das ganze Objekt überdacht und das Erdgeschoss auch vom Schlafzimmergeschoss trennt.
Der individuelle Wohnungsbau zählte in den sechziger und siebziger Jahren im Hinblick auf das vom Staat geförderte kollektive Wohnen nicht zu den exponiertesten Zweigen der Architektur. Das Haus von Miloslav Petráček reiht sich dank seiner Qualitäten bzgl. Disposition und Materialien zweifellos unter die interessantesten Realisierungen des Familienwohnens in der ganzen Tschechoslowakei. Darüberhinaus befindet es sich in einem ausgezeichneten authentischen Zustand, und zwar dank der Pflege von Petráčeks Familie, die das Haus langfristig bewohnt und erklärt, es sei auch nach Jahrzehnten für sie noch nicht gealtert.
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