Messegelände 1918–1945
Das erste Areal für Ausstellungsmärkte in Brünn entstand im Jahre 1922; es handelte sich um eine provisorische Nutzung des Stadions in der Kounicova-Straße. Der wirtschaftliche Aufschwung der Tschechoslowakei nach dem 1. Weltkrieg erforderte jedoch einen selbständigen Komplex, wo Hersteller die Ergebnisse ihrer Produktion präsentieren und sie zum Vertrieb ins Ausland anbieten konnten. Zur Entstehung des Brünner Messegeländes steuerte in großem Maße auch die politische Entscheidung bei, dass die Jubiläumsausstellung zum zehnjährigen Jahrestag der Entstehung der Republik gerade in Brünn stattfinden sollte. Die Stadtverwaltung begann deswegen ein geeignetes Gelände zu suchen und im Jahre 1923 wurde das Grundstück der sogenannten Bauer-Rampe in Pisárky (Schreibwald) gekauft. Der Mährische Landesausschuss nahm das Grundstück im öffentlichen Interesse in Beschlag und kaufte es für einen niedrigen Preis vom Großgrundbesitzer und Geschäftsmann Viktor Ritter von Bauer, der auf dem an die ehemalige Zuckerfabrik angrenzenden Grundstück das historische Gebäude eines Schlösschens mit Garten als Familiensitz behielt. Dieser Teil der Stadt in der Nähe des Flusses Svratka war aufgrund des hohen Grundwasserspiegels für den Bau von Wohnhäusern ungeeignet, gleichzeitig erfüllte er aber alle Anforderungen hinsichtlich der Erreichbarkeit über Verkehrswege sowie die Anbindung an den öffentlichen Stadt-, Nah- und Fernverkehr.
Der erste Schritt zur Realisierung des Ausstellungsareals war die Ausschreibung eines öffentlichen Wettbewerbs zur urbanistischen Lösung des Geländes und für den Entwurf des zentralen Palastes für Handel und Industrie. Von den 31 Entwürfen gewann das Projekt des Prager Architekten Josef Kalous, das im Weiteren vom Architekten Emil Králík modifiziert und realisiert wurde. Die zweite Stelle belegte der Entwurf der Architekten Josef Bolech und Václav Velvarský und auf der dritten Stelle platzierten sich jeweils mit gemeinsamen Entwürfen Karel Řepa und Josef Fuchs, Ladislav Machoň und Ladislav Rössler sowie Bohuslav Fuchs. Weiters wurde die Ausstellungs-Aktiengesellschaft gegründet, in deren Leitung Vertreter der Staatsverwaltung, des Mährischen Landesausschusses, der Stadt Brünn und der bereits existierenden Gesellschaft „Brünner Ausstellungsmärkte“ saßen.
Der Entstehung der einzelnen Pavillons ging die Förderung von Kies und seine maschinelle Verarbeitung direkt auf dem Bauplatz voraus, was die Kosten senkte und den Bauprozess beschleunigte, da das Material zum Bau der Stahlbetonkonstruktionen nicht zugeliefert werden musste. Kalous’ urbanistische Konzeption wurde von Emil Králík ausgearbeitet und die Pavillons wurden entlang der zwei Grundachsen in V-Form mit der Dominante des verglasten Turmes des Pavillons für Handel und Gewerbe von Bohumír Čermák verteilt. Im Unterschied zur progressiven Konzeption der einzelnen Gebäude folgte das urbanistische Konzept klassischen zentralisierenden Tendenzen. Ein Blick auf die effektvoll gestalteten Pavillons bot sich den Besuchern bereits beim Ausstieg aus der Straßenbahn an der erhöhten Station, die von Bohuslav Fuchs entworfen worden war. Beim Durchgang durch das segmentäre Eingangstor wurde ihre Aufmerksamkeit auf den Mittelpunkt des ganzen Areals gelenkt: den Palast für Handel und Industrie mit seinen charakteristischen parabolischen Bögen. Bestandteil der Instandsetzung des Areals war auch die Anpflanzung hochgewachsener Bäume sowie die Installierung einer Festbeleuchtung anlässlich der Eröffnung der Ausstellung zeitgenössischer Kultur in der Tschechoslowakei. Diese fand von Mai bis September 1928 statt und ihr Ziel war es, den kulturellen und technischen Aufschwung des jungen Staates im ersten Jahrzehnt seiner Existenz zu präsentieren.
In dieser Zeit richtete die gesamte Nation ihre Aufmerksamkeit auf Brünn und sowohl die Öffentlichkeit als auch die Fachleute waren vom Messegelände begeistert. Die Ausstellung zeitgenössischer Kultur wurde von insgesamt 2 698 000 Besuchern besichtigt. In der Zeitschrift „Stavitel“ („Baumeister“) können wir folgende Bewertung des Architekten Josef Štěpánek aus der damaligen Zeit lesen: Brünn hat es nicht nötig, auf den eigenen Traditionalismus zu achten, auf den soviel in Prag geachtet wird [...]. Die aufgeklärte Zusammenarbeit trägt Früchte, vom gleichen Geiste werden Bauämter und Architekturschulen beherrscht, die Kräfte der Stadt wollen im Einklang das Beste und dividieren sich nicht auseinander. Aus Sicht der modernen Architektur steht Brünn zweifellos an vorderster Stelle. [...] Das brillante Messegelände auf der Bauer-Rampe erwuchs zwanglos aus dem gegenwärtigen Brünn und ist ein brillanter Erfolg der Stadt und der Messeorganisatoren; die Folge ist, dass die Öffentlichkeit zur modernen Architektur ein positives Verhältnis gefunden hat.
Nach dem großen Erfolg dieses Ausstellungsprojektes, der eindeutig eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der funktionalistischen Architektur bestätigte, begann allerdings die Zeit der wirtschaftlichen Krise. In den 30er Jahren stand aufgrund der Finanzkrise die Zukunft des Messegeländes auf dem Spiel, dank der Fürsprache des Bürgermeisters Karel Tomeš beim Finanzminister kam es jedoch letztendlich zu einer Erhöhung der staatlichen Subventionen und die Ausstellungs-Aktiengesellschaft wurde vor dem Konkurs bewahrt. Bis zum Kriegsbeginn fand hier eine Reihe interessanter Messen statt, die sich den Bereichen Bauwesen, Wohnen, Arbeit und Freizeit sowie Flugabwehr widmeten. Während der Besetzung der Tschechoslowakei diente das Messegelände als Waffenlager, sodass es von einer Bombardierung durch die alliierten Streitkräfte nicht verschont blieb. Deshalb drohte dem beschädigten Gelände nach dem Krieg abermals ein Abriss. Die Nachkriegsjahre, die von einer Ungewissheit hinsichtlich der Nutzung des ausgedehnten Komplexes geprägt waren, endeten erst in der Zeit des industriellen Aufschwungs der Tschechoslowakei Mitte der 50er Jahre, als in Brünn die ersten weltbekannten Baumessen stattfanden. Diese Etappe ist von einer bedeutsamen Blüte von Bautätigkeiten geprägt, und zwar nicht nur auf dem Messegelände (z.B. die Pavillons B, C und Z), sondern auch in Brünn selbst, da im Rahmen einer qualitativen Verbesserung der touristischen Infrastruktur eine Reihe von interessanten Gebäuden entstand (die Hotels International und Continental, das Janáček-Theater usw.). Zur Zeit besitzt den größten Anteil des Messegeländes die Messe Düsseldorf, unter deren Leitung zwar die neuen Pavillons P und V errichtet wurden; an die ursprüngliche architektonische Qualität kommen diese jedoch nicht heran. Aktuell ist auch die Frage nach der Nutzung der heute nicht mehr ausreichenden Pavillons der Zwischenkriegszeit und ganz allgemein nach der Zukunft ähnlicher Messekomplexe in einer Zeit des Aufschwungs der Informationstechnologie.
PH
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Name
Messegelände 1918–1945
Länge
1,8 km
Anzahl der Objekte
15
Beginn der Route
Výstaviště 405
Erstes Objekt
Brünner Messegelände
C162
Öffentlicher Verkehr
Výstaviště (TRAM 1)
Výstaviště, hlavní vstup (BUS 52; TROL 25, 26, 37)
Křížkovského (BUS 84)
Výstaviště – vstup G2 (TRAM 1)
GPS
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