Ein wichtiger Einschnitt in der Entwicklung von Loosens Bildhauergewerbebetrieb war, als Johann Eduard Tomoly (1845 1907) hinzukam, der im Jahr 1866 in der Werkstatt als Zeichner und Praktikant begann. Tomola war ein talentierter Bildhauer und fähiger Figuralist, der in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre offenbar für die künstlerisch anspruchsvolleren Aufträge von Loosens Firma verantwortlich war. Im Jahr 1877 wurde er Loosens Teilhaber, und die Realisationen aus der Zeit zwischen den Jahren 1877–1880 wurden dementsprechend signiert mit Loos & Tomola oder Loos –Tomola (Brünn).
In den Jahren 1875‒1878 lieferten Adolf Loos sen. und Johann Eduard Tomola die Bildhauer- und Steinmetzarbeiten für das neue Landhaus in der Brünner Ringstraße, dem bedeutendsten öffentlichen Brünner Neubau seinerzeit, der wieder von Josef Arnold realisiert wurde.
Für diesen umfangreichen Auftrag hatte sich Loos gründlich vorbereitet und dabei all seine vorherigen Erfahrungen zinsbringend umgesetzt. Er fertigte ein Modell des Baus an, das er in seinem Atelier ausstellte und an dem er Änderungen in der Fassadendekoration gegenüber dem ursprünglichen Entwurf der Architekten anschaulich demonstrierte. „Auch ist bemerkenswerth, daß Herr Loos aus eigener Initiative auf seine Kosten dieses Modell in seinem Atelier anfertigen ließ, welches in seiner gelungenen mühsamen Arbeit und gesammten Ausführung sich den Erzeugnissen der in diesem Genre arbeitenden bekannten ersten Wiener Firmen würdig anreihen kann.“
(Tagesbote, Nr. 145, 27. 6. 1875, S. 5)
Auch bei flüchtiger Betrachtung kann man die hohe Qualität der technischen Ausführung der figuralen und ornamentalen Motive der reichen Verzierung der vier Fassaden des prunkvollen Neroenaissancegebäudes positiv bewerten. Die figuralen Allegorien, welche die Zwickel an den Fenstern im ersten und zweiten Stock ausfüllen, werden durch Porträtmedaillons in der gleichen formalen Bearbeitung wie die Medaillons am Deutschen Gymnasium und durch eine Reihe weitere ornamentale Elemente ergänzt. Über dem kutschenhaften Eingang des Gebäudes von der Straße Česká her wurde ein von Loos sen. geschaffenes großes Mährisches Landeswappen angebracht.
Die figurale Verzierung der Attiken beider Längsfassaden bilden sechs allegorische Frauenfiguren, die Frieden, Gerechtigkeit, die Geschichte, Wohlstand, handwerklichen Fleiß und die Liebe zum Vaterland symbolisieren. Für die Attika der auf die heutige Joštova-Straße ausgerichteten südlichen Hauptlängsfassade hat Loosens ehemaliger Lehrer, der Wiener Bildhauer Josef Schönfeld, die Originale dieser monumentalen Kalksteinfiguren geschaffen. Die Firma Loos & Tomola hat die Komposition dann an der Attika der nördlichen zum heutigen Platz Žerotínovo náměstí hin gerichteten Längsfassade in leicht variierten Kopien wiederholt.
Für das Landhaus hat die Firma Loos & Tomola auch den dekorativen Schlußstein angefertigt, der bis heute im Vestibül des Gebäudes angebracht und mit dem symbolischen Motiv von Eichen- und Lindenzweigen versehen ist, das Deutsche und Tschechen repräsentiert und damit die Zusammenarbeit und den festen Bund beider Landesnationen andeutet: „Der Schlußstein stammt aus dem Atelier des hierortigen renommirten Bildhauers Herrn Adolf Loos und ist ein prächtiges Werk der Bildhauerkunst, welches wegen seiner schönen Ausführung das Interesse sowohl der Fachmänner als Laien erregen wird. Derselbe, nach den Zeichnungen der Wiener Architekten Hefft und Raschka in Breitenbrunner-Stein gearbeitet, kann ein Kunstwerk genannt werden. In Übereinstimmung mit dem Baustyle des Landhauses ist auch der Schlußstein in italienischer Renaissance ausgeführt. Eine schwarze Marmorplatte ist durch ein auf Säulen ruhendes Frontispice und einen Lorbeerkranz eingerahmt, während der Untertheil als Abschluß Voluten zeigt, aus deren Winkel, den Landes Nationen entsprechend, Eichen- und Lindenzweige in vorzüglicher naturalistischer Ausführung herauswachsen. Sämmtliche Bildhauerarbeiten am neuen Landhause sind kunstgerecht durchgeführt und gereichen Herrn Loos zur vollsten Ehre.“
PC