Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts nutzte der Landtag die Räumlichkeiten des Neuen Rathauses und des Landhauses, des heutigen Sitzes des Verfassungsgerichts in der Joštova-Straße, eines repräsentativen Sitzes, der in den Jahren 1867-1878 nach einem Entwurf der Architekten Anton Heft und Robert Raschka errichtet wurde. Im Hinblick auf die allmählich zunehmende amtliche Agenda mussten die Einrichtungen des Landes und die Behörden verschiedene andere angemieteten Räumlichkeiten nutzen, jedoch schien der Bau eines neuen eigenen Sitzes wirtschaftlicher zu sein. Dafür wählte man ein Baugrundstück auf einem repräsentativen äußeren Ring der sog. Brünner Ringstraße vor dem ehemaligen Fröhlichertor (Veselá brána) an der Stelle der ursprünglichen Bebauung der Straße Veveří und des heutigen Zierotinplatzes (Žerotínovo náměstí).
Im Frühjahr 1903 wurde ein detailliertes Bauprojekt genehmigt, und genau ein Jahr später hat man mit den Bauarbeiten begonnen. Bei den anfänglichen Aushubarbeiten wurde ein ehemaliger städtischer Friedhof und in den tieferen Schichten auch eine Ziegelei entdeckt. Die Umbettung der Skelettüberreste und die Beseitigung der Brennöfen der Ziegelei haben die Bauarbeiten sehr verzögert, ebenso die politischen Ereignisse, besonders der allgemeine Streik der Bauarbeiter im Jahr 1905 und ein Jahr später ein Streik der Handwerker. Der Bau wurde deshalb erst im September 1909 fertiggestellt, jedoch war das Gebäude zu dem Zeitpunkt bereits teilweise in Betrieb genommen worden.
Autor des architektonischen Entwurfs des Exterieurs und Interieurs war der ursprünglich aus Wien stammende Professer am deutschen Technikum Ferdinand Hrach. Disposition, Ausführungspläne und Gesamtkalkulation stammten von dem Landesbaurat František Utíkal. Der Grundriss ist unregelmäßig mit mehreren miteinander verbundenen Hallen, die abwechselnd als Außenhöfe und Innenatrien mit Glasdach entworfen wurden, damit in das ausgedehnte Areal genügend Licht einfiel. Um die Hallen wurden die einzelnen Arbeitsstätten und Behördenbüros untergebracht, die über zwei gegenüberliegende dreiarmige Treppen zugänglich sind. Vom Eingangsatrium aus gelangte ein Besucher in die Landesleihbibliothek, das Landesbauamt, den Tschechischen Museumsverein und in den Verein für die Geschichte Mährens. Die Privaträume im Erdgeschoss waren für den Gebäudeverwalter, den Heizer und die Portiers bestimmt.
Im Zwischengeschoss und den anderen drei Stockwerken waren eine Reihe Landesämter und Institutionen untergebracht, unter anderem das Versicherungs-, Statistikamt und die Postbehörde, der Kulturrat und die kulturtechnische Behörde, das Biersteuerinspektorat, das Landesarchiv, verschiedene Abteilungen des Bauamtes und ein Sitzungssaal.
Architekt Ferdinand Hrach hielt im Mährischen Gewerbeverein einen Vortrag über das Gebäudekonzept, in dem er die Beleuchtungslösung für das Interieur und die Wirkung des Lichtes auf die Außenfassade hervorhob. Ihre markante Gliederung erfolgte durch Risalite und Gesimse. Der Grundbau des ganzen Gebäudes besteht aus den Bossensteinen des Erd- und Zwischengeschosses. Die Fenster des höhergelegten Erdgeschosses wurde durch Maskarone mit deutscher Nationasymbolik ergänzt – über dem Haupteingang befindet sich ein Relief mit dem Gesicht eines germanischen Kriegers mit Wikingerhelm und einem Eichenlaub- und Olivenzweig. Der der Antike nachempfundene Haupteingang wird von Pilastern mit Halbfiguren von Karyatiden gerahmt.
Das erste und zweite Stockwerk wird durch eine Säulenreihe entlastet, wobei die höchste Reihe eine luftige Galerie bilden soll. Die von Heinrich Leger und Alfred Dressler stammende bildhauerische Reliefverzierung variiert Themen aus Gewerbe- und Agrarzweigen, aus Kunst und Wissenschaft; die Frauenfigur im obersten Geschoss ist eine Allegorie auf die Wirtschaft. Die Attika des mittleren Risalits trägt einen Schild mit dem mährischen Wappen (dasselbe Motiv taucht auch in den Gebäudeecken auf), und an den Seiten befinden sich zwei allegorische Frauenfiguren mit einem Schwert in der Hand und einem Schild mit mährischem Adler, was die souveräne Macht der mährischen gesetzgebenden und Verwaltungsorgane über das Gebiet Mährens symbolisiert. Die Hauptfassade wird durch eine polygonale Kuppel hervorgehoben.
Ursprünglich sollte der Bau höher sein, dazu ist es wegen der riesigen Baumasse allerdings nicht gekommen. Eine solche Masse, Monumentalität und Massivität ist für die Außenfassade charakteristisch. Das Interieur wurde hingegen sehr einfach und offen konzipiert. Das ist besonders durch die Lichtatmosphäre gegeben. Die Säulenreihe wird in den Innenräumen durch ein feines Dekor und die handwerklichen Details des Gusseisengeländers ergänzt.
Dank seiner neobarocken Formgebung und Monumentalität wird Hrachs Entwurf der Berliner Reichstag als Inspirationsquelle zugeschrieben, Zusammenhänge können freilich auch in der Architektur des nahegelegenen Wiens gesucht werden – sei nun an den Bauten des Kunsthistorischen und Naturwissenschaftlichen Museum der Architekten Gottfried Semper und Karl Hasenauer, oder auch bei einigen Arbeiten des Architekten Otto Wagners. Besonders bei der Fassadengliederung kann man eine Konnotation zu Wagners Entwurf des neuen Traktes der Wiener Hofburg aus dem Jahr 1898 antreffen, die Innenlösung des Objektes mit den mehrstöckigen Laufgängen Hrachs rücken es in die Nähe von Wagners Wettbewerbsprojekt des Kaiser Franz Josef Stadtmuseums aus demselben Zeitraum, d.h. aus den Jahren 1903–1907.
Das Neue Landtagsgebäude entstand parallel zum Neubau der Deutschen technischen Hochschule, den Ferdinand Hrach in der nahen Joštova-Straße errichtet hat. Das architektonische Konzept ist bei beiden Bauten sehr ähnlich. Während der Charakter des Schulgebäudes allerdings eine puristischere architektonische Formgebung Hrachs ermöglichte, die den Konstruktionskern des Bauwerks enthüllt, lässt das repräsentative, auf die Tradition und Macht der Habsburger Dynastie verweisende Verwaltungsgebäude einen solchen Ausdruck nicht zu und verbirgt ihn hinter einer stilvollen „Schale“. Eine im Dekor gemäßigtere Form von Hrachs Lösung wurde uns später von Karel Náhůnek nähergebracht, der in den Jahren 1923–1924 einen Anbau dieses Gebäudes ausführte, und zwar das sog. Landhaus III, dass unter Verwendung einer gemäßigteren rondokubistischen Formgebung einen diesmal bereits tschechoslowakischen Nationalstolz demonstrierte.
Hrachs Landtagsgebäude dient dem Landkreis Südmähren immer noch als Verwaltungssitz.
Šárka Svobodová