Mietshaus-Ensemble

B010

Der jüdischstämmige Architekt Maxim J. Monter unterrichtete in der Zeit von 1905–1910 als Mittelschulprofessor an der Deutschen Gewerbeschule in Brünn und beteiligte sich damals in beträchtlichem Maße an der neuen Gestalt des historischen Stadtkerns. Die auf den im Rahmen einer Assanierung freigewordenen Grundstücken entstandenen Mietshäuser wurden meistens von der erfolgreichen Baufirma von Adolf Bacher und Karel Pětník nach Monters Plänen erbaut. Ein gemeinsames Bauprojekt war auch ein Ensemble von einheitlich konzipierten Mietshäusern in exponierter Lage des Eckblocks in der Straße Biskupská am Eingang zum Petersberg und zu den Denis-Gärten.
Die Mietshäuser sind mit ihren markanten Formen ein Beispiel für den qualitativ hohen und repräsentativen Wohnungsbau des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts und waren in bedeutendem Maße an der Gestaltug des städtischen Raumes beteiligt, der den unmittelbaren Kontext der St. Peter-und-Paul-Kathedrale bildet.
Die ehemaligen Stadthäuser Nr. 266–267 und das Objekt des alten Wasserwerks bei den Denis-Gärten wurde 1907 von dem städtischen Baumeister Adolf Bacher, k. u. k. Oberingenieur Karel Pětník und dem Tischlermeister und Holzhändler Jan Škára käuflich erworben. Auf der durch Abriss freigenwordenen Fläche errichteten sie in den neu abgesteckten Straßenfluchten drei Mietshäuser und wurden bis 1911 auch als Eigentümergemeinschaft aufgeführt. Der Bau der neuen Häuser wird mit den Jahreszahlen 1907–1908 an der Hausecke auf der Seite der Straße Biskupská und der Jahreszahl 1908 an der den Denis-Gärten zugewandten Hausfassade datiert.
Die reich gegliederte Architektur des mächtigen Eckhausblocks ist ein Beispiel für Monters individuelles Erscheinungsbild als Autor. Stilistisch steht sie an der Grenze zwischen Späthistorismus und Jugenstil und zeichnet sich durch eine romantische Komposition der Baumassen und etwas Malerisches aus, was auf das Umfeld der zeitgleichen Münchner Architektur verweist. Wie auch bei anderen Bauten jener Zeit wurde die sachliche Dispositionslösung mit den wirkungsvollen Kulissen der Frontfassaden „bekleidet“. Große Betonung wurde dort besonders auf den urbanistischen Charakter des Häuserblocks gelegt.
Die drei verschieden strukturierten Fronten wurden mit Hilfe einer bunten Palette romantisierender Motive komponiert. Die reiche Baumassenkomposition der einzelnen Fassaden ist ein raffiniertes Spiel mit Symmetrie und Asymmetrie, das anhand von unterschiedlich großen und ungleich geformten Fensteröffnungen, Erkern, Balkonen, Holz- und Steinloggien und Giebeln ausgetragen wurde. Die dem kleinen Platz in der Straße Biskupská zugewandte und in Richtung Schillingerplatz (Šilingrovo náměstí) zeigende Front wird durch einen mächtigen, fünfseitigen Turm akzentuiert. Das reiche Stuckdekor verwendet historisierende neobarocke Motive wie Halbfiguren von Engeln, ausdrucksstarke Maskaronen oder in den Fensterbrüstungen befindliche Kartuschen in barockisierenden Rahmen. Das Ganze wird durch die Behandlung der passiven Fassadenflächen abgerundet, die mit Verkleidungen aus Natursteinen oder in der Sockelzone mit einem Bossenwerk und in den Obergeschossen abwechselnd mit einem Glatt- oder Grobputz versehen wurden. Die Innendisposition ist quer zweitraktig, wobei die Treppenhäuser in der Achse der Haupteingänge in den Hofrisaliten untergebracht sind.
In dem den Denis-Gärten zugewandten Haus wurden Hugo Haas und sein Bruder – der Komponist Pavel Haas – geboren und haben dort ihre Kindheit erlebt, woran eine von Marie Othová entworfene und 1997 enthüllte Bronzegedenktafel erinnert.
Der ganze Häuserblock hat eine sensible denkmalpflegerische Sanierung durchgemacht, und die ursprüngliche Formgebung ist sowohl außen wie auch innen größtenteils erhalten geblieben.

Pavla Cenková

Name
Mietshaus-Ensemble

Datierung
1907 – 1908

Kode
B010

Typ
Mietshaus

Adresse
Biskupská 569/4, Biskupská 266, 267/6, 8 , (Město Brno), Brno, Střed

GPS
49°11'29.3"N 16°36'22.2"E

Literatur
Pavel Zatloukal, Brněnská architektura 1815–1915. Průvodce, Brno 2006, S. 227.

Quellen
https://www.pamatkovykatalog.cz/najemni-dum-18587894
Diecézní archiv Biskupství brněnského, Rajhrad u Brna, fond E 81, inv. č. 186, sign. II C, kart. 78
AMB, fond U 9, sloha 1 VF, Biskupská 4, plánová dokumentace zaniklé budovy vodárny
Protokoll aufgenommen über die Sitzung des Gemeinderates der königl. Landeshauptstadt Brünn am 10. July 1907, Brünn: Verlag des Stadtrates, roč. 28, 1907, s. 72. (Záznam o prodeji budovy staré vodárny)
Gemeinde-Verwaltung und Gemeinde-Statistik der Landeshauptstadt Brünn, Brünn: Verlag des Stadtrates der Landeshauptstadt Brünn, roč. 14, 1908, s. 544. (Záznam o dokončených novostavbách)