Mietshaus von Wenzel Foit und Emil Paiker

B028

Die Bebauung des Brünner Stadtkerns nach der zur Wende des 19. und 20. Jahrhunderts erfolgten großen Brünner Assanierung mit konstruktionsmäßig und funktional modernen polyfunktionalen Häusern brachte die verschiedensten formalen Lösungen hervor, die jedoch immer auf starken historisierenden Tendenzen basierten.
Die kritische Resonanz, mit der auf den Abriss wichtiger Teile der Altstadt reagiert wurde (einschließlich der Reaktion der Zentralkommission für kunsthistorische Denkmale in Wien), hat dazu beigetragen, dass man in jener Zeit das Pittoreske als ästhetische Qualität und die historisierende Reminiszenz neuer architektonischer Werke, die in den überwiegend erhalten gebliebenen mittelalterlichen Stadtgrundriss eingefügt wurden, stark betont hat.
Bei dem Neubau auf dem Jakobsplatz (Jakubské náměstí) verhielt es sich allerdings teilweise anders. Das Haus entstand auf einem exponierten Grundstück an der Ecke der neu durchbrochenen Straße Rašínovy (Kirchengasse/Liechtensteingasse) und des Jakobsplatzes gegenüber einem der prominentesten Bauten der Stadt – der spätgotischen St. Jakobskirche. Das in unmittelbarer Nähe der Kirchenfront gebaute Mietseckhaus bildete demnach zwangsläufig sein Pendant, was die Frage nach der Suche einer geeigneten Form für den Neubau in den Vordergrund schob. Diese Tatsache belegen die von den städtischen Baumeistern Anton und Josef Jelinek im November 1903 erstellten und erhalten gebliebenen Pläne, die den Entwurf eines neuen vierstöckigen Wohn- und Geschäftshauses mit Jugendstilfassaden vorsahen, das von einem von einem überhöhten Dachhelm gekrönten Eckerker akzentuiert wird. Das Haus hat letztendlich jedoch ein deutlich anderes Aussehen erhalten.
Der Genehmigungsantrag für den Bau eines vierstöckigen Wohnhauses an der Stelle des abgerissenen Hauses Nr. 8 wurde von der Handelsgesellschaft Wenzel Foit und Emil Paiker 1903 beim Stadtamt eingereicht, im Jahr darauf wurde die Genehmigung erteilt. In der zeitgenössischen Presse war darüber folgendes zu lesen: „Die Herren Foit und Paiker werden an Stelle ihres neben dem Thonethof gelegenen Hauses Nr. 2 Jakobsplatz einen eleganten, ebenfalls vier Stockwerke hohen Neubau aufführen lassen“ (Bautechniker, 1904).
Die Bauherren ließen die Pläne des Neubaus auf dem prestigeträchtigen Grundstück von dem Professor an der Brünner deutschen Staatsgewerbeschule und erfolgreichen Architekten Maxim Johann Monter umarbeiten, der einen hochgestreckten vertikalen Bau in neogotischen, vom Aussehen her wirkungsvollen Formen entwarf, der nicht nur mit der mittelalterlichen Jakobskirche, sondern auch mit dem neogotischen, von Germano Wanderley 1901 an der schräg gegenüberliegenden Ecke fertiggestellten Pfarrhaus von St. Jakob kommuniziert.
1905 entstand dort also ein vierstöckiges Objekt mit zwei ungleich langen Fassaden, deren verbindendes Element und architektonischer Hauptteil die von turmartigen Risaliten umklammerte gebrochene Ecke ist, die von Spitzgiebeln gekrönt wird, zwischen denen auf einem gegliederten Abschluss eine Jahreszahl aus Metalllettern hervortritt.
Der monumentale und zugleich malerische Ausdruck der Risalite wird noch von den hervortretenden Baumassen der dreistöckigen Erker gesteigert und die gotisierende Vertikalität des Baus durch Pfeiler, Fialen und die über die Spitzen der Giebel hinausragenden Helmstangen akzentuiert. Die Giebelflächen füllen dekorative Motive von gebrochenen Reliefbögen mit Blendmaßwerken. Der gotisierende ornamentale Apparat erfüllt auch an den übrigen Fassadenteilen eine markante ästhetische Funktion in Form von Spitzbögen mit Reliefmaßwerken, einem von einem Blumenstrauß gekrönten Kielbogen, Fensterbrüstungsfüllungen, Reliefkonsolen, Wappenfeldern oder stilisierten Wasserspeiern. Ein gotisierendes Ornament ziert auch den Bereich des Eingangkorridors und das Treppenhaus mit Stuckspitzbögen, die mit Blendmaßwerken gefüllt sind. Das Blendmaßwerkmotiv taucht auch in den Füllungen der zweiflügeligen Tür auf, die den Eingangskorridor vom Haupttreppenhaus trennt.
Maxim Monter ist es hier gelungen, die ästhetisch wirkungsvolle und bis heute funktionale Architektur eines Wohnhauses mit Geschäftsparterre zu entwerfen, dessen markante neogotische Stillösung den Raum um ein bedeutendes Monument der Stadt sensibel ergänzte und forderte in den übrigen Jahren des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts dazu auf, bei der weiteren Gestaltung des Jakobsplatzes diesem Beispiel zu folgen.

Aleš Homola

Name
Mietshaus von Wenzel Foit und Emil Paiker

Datierung
1905

Architekt
Maxim Johann Monter

Kode
B028

Typ
Mietshaus

Adresse
Jakubské nám. 101/2, (Město Brno), Brno, Střed

GPS
49°11'46.4"N 16°36'29.6"E

Quellen
https://pamatkovykatalog.cz/najemni-dum-wenzela-foita-a-emila-paikera-18784693
Der Bautechniker, Jahrgang XXIV., Nr. 30, 1904, S. 716
Jahres-Bericht der k. k. Staats-Gewerbeschule in Brünn, Jahrgang 33, Brünn: K. k. Staats-Gewerbeschule, 1907, s. 4


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