Mietshaus

B130

Königsfeld (Královo Pole) wurde im Jahr 1905 auf Beschluss von Kaiser Franz Josef I. feierlich zur Stadt erhoben. Die neue Bedeutung und die Ambitionen der Gemeinde sollten auch entsprechende großstädtische Bauwerke präsentieren. Schon vor 1905 war ein umfassendes Konzept für die künftige Stadtentwicklung entstanden, als die Devadesátka (Neunzighuben) oder Na Devadesátce (An den Neunzighuben) genannten ausgedehnten Grundstücke zum Haupterschließungsgebiet wurden, welche die Gemeine im Jahr 1908 käuflich erwarb.
Die Achse des Neubaus sollte ein Verkehrsweg werden, der von der Palacký-Straße quer nach Westen verläuft und die Stadtteile Královo Pole und Žabovřesky miteinander verbindet. An diesen Verkehrsweg wurden orthogonal und radial dazu verlaufende neue Straßen und Chaussees angeschlossen, sodass ein grandios wirkendes geometrisches Bild entstand. Der zentrale Kern des neuen Stadtzentrums sollte der Slawische Platz (Slovanské náměstí) mit einem modernen Stadtpark und die an ihn angrenzende Hussitenstraße (Husitská) sein - eine mit Bäumen gesäumte repräsentative axiale Stadtallee.
Mit dem Bau der neu geplanten Stadtstruktur wurde 1908 begonnen, und bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs waren die Bebauung der Husitská-Straße und einige Gebäude im unteren Teil vom Slawischen Platz fertiggestellt. Prächtige Jugendstil-Mietshäuser aus dem ersten und zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts sind somit außer in der Palacký-Straße gerade an diesem Standort am häufigsten vertreten.
Ein typisches Beispiel ist das vierstöckige Mietshaus an der Ecke der Husitská- und Slovinská-Straße, das im ausklingenden Jugendstil erbaut wurde. Beide symmetrischen Straßenfassaden wurden in einem ausgewogenen System von Vertikalen und Horizontalen komponiert, die visuell exponierte Ecke sticht durch einen von einem kleinen Turm abgeschlossenen polygonalen Erker hervor. Die Fassaden sind ebenfalls einheitlich mit axialen Risaliten gegliedert, die von barocken kannelierten Volutengiebeln gekrönt werden.
Die einzelnen Formen sind so angeordnet, dass sie die zweigeschossige Bel-Etage betonen, die durch markante Kordongesimse vom Rest des Hauses getrennt ist. In dieser Zone werden die Fassaden in den axialen Risaliten durch kannelierte Pilaster und in den Endachsen beider Fassaden durch polygonale Erker mit schmalen vertikalen Fenstern akzentuiert, auch in der Stuckdekoration ist eine formale Hervorhebung erkennbar, wobei die Fenster des ersten und zweiten Stocks durch vertikale Rahmen miteinander verbunden sind und die rechteckigen Felder zwischen ihnen Stuckdekoration mit floralen Motiven aufweisen.
Die Gesamtkomposition und die Einteilung der Fassade basieren auf dem klassischen Kanon. An dieser klassischen Struktur variiert das Spätjugendstildekor beliebte Motive des floralen und geometrischen Jugendstils: Blumen- und Obstkörbe, Girlanden, Kränze oder runde Scheiben. Ein malerisches Element sind dann die Metallbalkone an den Seitenachsen der Risalite im ersten Stock mit den für den Jugendstil typischen dekorativen Metallgeländern.
Das Haus hat eine sensible Renovierung durchgemacht und befindet sich heute in einem guten Zustand.

Pavla Cenková