Das im Spätjugendstil gehaltene Mietshaus an der Ecke der Straßen Francouzská und Stará zählt zu den bedeutenden Werken des Brünner Baumeisters Robert Krug d.Ä.
Robert Krug d.Ä. wurde in Nový Jičín geboren, ab 1900 war er als Baumeister in Brünn tätig. Sein Sohn Robert Krug d.J. (* 1909) übte ebenfalls einen Beruf im Baugewerbe aus. Das auf einem exponierten Eckgrundstück gelegene Mietshaus entstand nach Krugs Entwurf an der Stelle eines älteren abgerissenen Hauses, das ebenfalls Eigentum des Baumeisters war. Der Bau war somit nicht nur das Ergebnis von Krugs unternehmerischem Erfolg, sondern auch seiner Eigenwerbung für seine architektonischen Fähigkeiten. Robert Krugs Brünner Mietshäuser (von denen eins sich in der nahegelegenen Straße Francouzská 3 befindet) sind ein eigenwilliger Beitrag in der Suche nach einem neuen Stil um 1910. Krug zählte zu den Autoren, die sich vom radikalen Jugendstil und der Moderne abwandten und in den Formen ihrer Bauten wiederholt zu einer historisierenden Ausdrucksform zurückkehrten. Das Aussehen seiner Bauten bringt dadurch das Bestreben zum Ausdruck, historisierende Traditionen und aktuelle zeitgenössische Formen mteinander zu verknüpfen.
Das zweiflügelige vierstöckige Eckhaus hat eine der Straße Stará zugewandte vieraxiale Fassade und eine dreiaxiale, die zur Straße Francouzská zeigt. Die wirkungsvolle Baumassenlösung wurde so gewählt, damit eine exponierte Ecke entsteht, in die ein monumentaler, von einem Dachhelm gekrönter halbkreisförmiger Turm eingefügt wurde. Die Fassade ist vertikal und horizontal unter Berücksichtigung des traditionellen Palais-Schemas gegliedert. Mithilfe von durchgehenden, mit Balustraden versehenen Balkonen sind Sockelzone, Beletage und die Partie des baumassenmäßig aufgelockerten Dachgeschosses klar voneinander getrennt. Die monumentale Vertikalität wird durch eine hohe Pilasterreihe hervorgehoben, und in der dominanten Mittelpartie treten dreiseitige Erker hervor und verleihen der ganzen Komposition eine deutliche Plastizität. In dem auffälligen Stuckdekor, das stilisierte geometrische und vegetabile Element in bunter Zusammensetzung kombiniert, werden ebenfalls überwiegend historisierende oder klassizisierende Motive verwendet, so beispielweise runde Scheiben oder Rosetten mit Laubwerkfestons, Rollwerkkartuschen, mächtige Blumenkörbe oder Dekorvasen. Den Eingang in der Straße Stará akzentuiert ein dekoratives Portal, das die verschiedensten klassizisierenden Elemente auf eine Art und Weise zu einer Einheit verbindet, die eine das Suchen und Finden zeitgemäßer aktueller Haltungen des historisierenden Stils begleitende Experimentierfreudigkeit nicht leugnet.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Eheleute Roland und Anna Ziffer neue Besitzer des Hauses.
Der Bau dient bis heute als Wohnhaus mit momentan leider nicht genutztem Geschäftsraum, und obwohl die Tür- und Fensterfüllungen sowie die Farbgebung der Fassade geändert wurde, hat das Haus seinen ursprünglichen Spätjugendstilcharakter beibehalten.
Pavla Cenková