Nach der Entstehung der Tschechoslowakei im Jahre 1918 hofften viele tschechische Institutionen auf den Bau neuer adäquater repräsentativer Gebäude, deren Entstehung bis dahin von der k.u.k. Stadtverwaltung unerwünscht gewesen war. Auch die Tschechische Handelsschule erwirkte nach mehr als 20 Jahren ihrer Existenz in unangemessenen Räumlichkeiten beim Ministerium für Schulwesen und Kultur die Zur-Verfügung-Stellung benötigter finanzieller Mittel. Ein großer Verdienst kam hierbei dem langjährigen Schuldirektor Karel Fišar zu, der sich auch an der Suche nach einem geeigneten Grundstück beteiligte, das schließlich an der Ecke der heutigen Straßen Kotlářská und Kounicova gefunden wurde, sowie an der Ausarbeitung des Lageplans des Gebäudes, auf dessen Grundlage vom Schulministerium ein öffentlicher architektonischer Wettbewerb ausgeschrieben wurde.
Den zweiten Platz belegte der Prager Architekt Jaroslav Rössler, der sich im Entwurf des Gebäudes um eine Synthese der damaligen Erkenntnisse bezüglich Funktionalität, Hygiene und Ästhetik beim Bau moderner Schulgebäude bemühte. Deshalb wählte er die Konzeption eines viergeschossigen Gebäudes mit zwei Flügeln, die den Häuserblock formal abschloss und gleichzeitig interessante Möglichkeiten bezüglich der Aufteilung der Innenräume bot. An beiden Straßenseiten lagen Unterrichtsräume, im Innenhof befand sich ein Sportplatz, der von einer Aula und einem botanischen Garten ergänzt wurde. Die ausreichend beleuchteten Flure waren mit Garderoben für die Schüler ausgestattet. Im zurückversetzten Teil der Fassade in der Kotlářská-Straße ist ein eigener Eingang zur Wohnung des Direktors im ersten Stock untergebracht. Der zentrale Haupteingang des Schulgebäudes befindet sich in derselben Straße und ist durch eine Türeinfassung aus künstlichem Stein mit zwei Maskaronen akzentuiert. Die Fassaden sind im Geiste des Prager Rondokubismus durch markante Gesimse mit Zahnschnitt und halbrunden plastischen Elementen gegliedert.
Das Gebäude der Handelsakademie, das als gemeinsames Werk des Architekten Jaroslav Rössler und des Direktors Karel Fišar angesehen werden kann, war mit seinen 1800 m2 verbauter Fläche zu seiner Zeit das größte Mittelschulgebäude in der Tschechoslowakei. Die Aufmerksamkeit anderer Handelsschulen im In- und Ausland erregte auch ihre technische Ausstattung (eine zentrale Dampfheizung) und die funktional durchdachte Konzeption des Grundrisses, die das Ergebnis der Zusammenarbeit eines erfahrenen Pädagogen mit einem Architekten war und bis heute seinem ursprünglichen Zweck dient.
PH