Mietshäuser erfreuten sich in der Zwischenkriegszeit einer immer größeren Aufmerksamkeit der Architekten, weil das Einfamilienhaus keine effektive Lösung des herrschenden Wohnungsmangels darstellen konnte. Der linksorientierte Prager Architekt Josef Havlíček, Autor des Musterwohnhauses auf dem Brünner Messegelände aus dem Jahre 1928, beschäftigte sich intensiv mit dem Thema des gemeinsamen Wohnens. Im Jahre 1930 entwarf er zusammen mit Karel Honzík ein Kollektivhaus als Antwort auf die Umfrage in der Zeitschrift Tvorba, die die Wohnungsfrage der Besitzlosen gestellt hatte.
Der Grundriss des erwähnten Kollektivhauses weist eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Grundriss der Wohneinheiten des um zwei Jahre jüngeren Mietshauses auf dem Messegelände auf. Hier konnte Havlíček zumindest teilweise seine Gedanken in der Praxis umsetzen, weil sein „KolDom“ nicht realisiert wurde. Den monumentalen Maßstab verließ der Architekt auch später nicht, wovon utopische Entwürfe von Hochbauten zeugen, die er nach dem Zweiten Weltkrieg schuf. Das Musterhaus auf dem Brünner Messegelände aus dem Jahre 1928 kann jedoch nicht als ein vollwertiges Experiment im Bereich des billigen Lebens angesehen werden. Das Objekt wurde eher als ein zeitweiliges Exponat verstanden, wovon die Tatsache zeugt, dass seine Eisenbetonkonstruktion bald verstärkt werden musste, weil sie in schlechter Qualität durchgeführt worden war. Das realisierte Wohnhaus sollte Bestandteil eines Blocks von sieben solchen Häusern in drei verschiedenen Varianten sein, die auch Dienstleistungen, Geschäfte und Garagen einbezogen. In jedem Block waren 70 bis 80 Wohnungen geplant, davon 6 mit vier Zimmern, 12 mit drei Zimmern und 40 bis 50 sog. Kleinstwohnungen.
Beide Fassaden sind bildnerisch gleichwertig. Die Fassade in der Křížkovského-Straße ist durch einen seichten breiten Risalit vertikal gegliedert, der zugleich die Kontinuität des horizontalen Fensterbands respektiert, das durch den ganzen Bau läuft. Der Masse des Risalits sind seitlich vier Balkons leicht vorgesetzt. Dank dieser Zusammenlegung von Massen wirkt der Bau plastisch. Die vom Messegelände her sichtbare Fassade ist dagegen glatt, es ragen nur der schmale vorgesetzte Eingang mit der Treppe und der Werbeblickfang heraus. Die Innenräume, zur Zeit der Ausstellung schon völlig ausgestattet, wurden neben Havlíček auch von den Architekten Koula, Záveská, Halabala, Vořech, Obalil, Říha und Stráník entworfen. Auf der Terrasse wurde trotz der Bemühung um die Minimalisierung der Kosten mit Grünpflanzen, Duschen und Sonnenbad gerechnet. Im Untergeschoss befanden sich eine gemeinsame Waschküche, ein Bügel- und ein Trockenraum.
Im Jahre 1973 machte das Haus eine Rekonstruktion durch, bei welcher seine Funktion vom Wohnen zur Administration verändert wurde. Zu diesem Zweck wird das Gebäude bis heute benutzt. Die Straßenfassade ist fast in unverändertem Zustand erhalten, dagegen an der Seite des Messegeländes kam zu einer wesentlichen Veränderung: es wurden die Seitenterrassen mit Pergolen zugemauert, die ursprünglich den Bau ästhetisch entlasteten. Verändert wurde auch der Eingang auf derselben Seite des Gebäudes.
VK