Grabmal der Familie Ritter von Schoeller (Brno, Zentralfriedhof, Gruppe 23, Grab Nr. 21–24), 1877–1878, Granit, signiert: Loos & Tomola Brünn. Das Grabmal befand sich ursprünglich auf dem städtischen Friedhof in der Kounicova-Straße, von wo aus es nach dessen Auflösung in den Zentralfriedhof versetzt wurde.
Das Grabmal der Familie Ritter von Schoeller ist das einzige erhaltene Grabmal auf dem Zentralfriedhof, das nachweislich noch zu Lebzeiten des Bildhauers Adolf Loos sen. (1829‒1879) entstand.
Das aus drei Teilen bestehende Grabmal ist symmetrisch um die Mittelachse komponiert. Der erhöhte Mittelteil hat die Form einer oben dreieckig abgeschlossenen Stele, vor der eine weitere – ähnlich geformte, jedoch kleinere Stele mit auf der Vorderseite eingravierten Inschriften – steht. Die niedrigen Seitenmaueren werden an den Rändern von räumlich abgestuften Pylonen abgeschlossen. Die Grabstelle wird durch ein kleines, dekorativ geformtes Gußeisengitter abgegrenzt.
Obwohl die ursprüngliche Dekoration des Grabmals nicht ganz erhalten geblieben ist, können wir an seinem Aussehen die Grundcharakteristiken der sepulkralen Produktion der Steinmetzfirma Loos demonstrieren: für sie waren gerade vergleichbare Typen nicht figurativer Grabmäler in der Form von unterschiedlichen Stelen, Obelisken, Tumben oder lateinischen Kreuzen charakteristisch. Eine figurale Dekoration der Grabmäler taucht weniger auf, sie nahm erst Ende der siebziger Jahre durch den Beitrag von Loosens Teilhaber, dem geübten Figuralisten Johann Eduard Tomola zu. An Material wurde bei den älteren Grabmälern am häufigsten Sandstein und Kalksandstein verwendet, später (ab Mitte der siebziger Jahre) überwog polierter Granit (der häufig aus den historischen Steinbrüchen in Mauthausen stammte), grauer Pernsteiner Marmor und für signifikante Details (z.B. Porträtmedaillons eines Verstorbenen, Familienwappen u.ä.) der hochgeschätzte Carrera-Marmor.
Die beliebtesten Grabmaltypen wurden in Zeichnungen festgehalten und in Form von gedruckten Musterbroschüren angeboten. „Mustergrabmale“ wurden auch in Expositionen von Loosens Atelier ausgestellt, etwa in Ausstellungen des Mährischen Gewerbemuseums. Das zeitgenössische Publikum hat an den Grabmälern der Firma Loos die Qualität der handwerklichen Bearbeitung und die „erhabene Form“ geschätzt, die den Vorstellungen des damaligen Geschmacks entsprach und die Würde des Verstorbenen kundtun und seine gesellschaftliche Stellung signifizieren sollte. Als „... besonderen Geschmack und Solidität“ (Tagesbote XXV, 1875, Nr. 255, 7. 11., S. 3.) bewertete beispielsweise die zeitgenössiche Presse das von Adolf Loos sen. für die Familie von Teuber auf den städtischen Friedhof gelieferte Grabmonument, das seinerzeit Berühmtheit erlangte und als nachahmenswertes Vorbild für das Grabmal einer gut situierten Unternehmerfamilie angesehen wurde.
Die Familie von Schoeller zählte zur Elite der Brünner Textilindustriellen. Das Grabmal wurde für den verstorbenen Phillip Wilhelm von Schoeller (* 20. 2. 1797 Düren [Rheinland] – † 14. 5. 1877 Brno) errichtet, ein in der Woll-, Zucker- und der Stahlindustrie tätiger Unternehmer, bedeutender Repräsentant des Brünner politischen und kulturellen Lebens sowie langjähriger Vorsteher der dortigen deutschen evangelischen Gemeinde. Phillips Sohn Gustav Adolf (1830‒1912) ließ sich im Jahr 1868 ein prunkvolles Palais errichten (das sog. Palais Schoeller; Brno, Cejl 50), das unmittelbar an das Fabrikgelände der Familie anschloss. Die Bildhauer- und Stuckarbeiten am Neubau des Palais wurden wieder von der Firma A. Loos sen. durchgeführt. Viele moderne Technologien (wie etwa die Dampfmaschine), die von den Mitgliedern der Familie Schoeller in die Produktion eingeführt wurden, brachten den Beginn einer neuen Epoche der Brünner Wollindustrie.
PC