Grabmal von Bischof Karl Nöttig

AL15

Das Grabmal befand sich ursprünglich auf dem Stadtfriedhof an der Kounicova-Straße, von wo es nach dessen Auflösung an den heutigen Ort versetzt wurde.

Nach dem vorzeitigen Tod von Adolf Loos sen. († 1879) erbte seine zurückgebliebene Witwe Marie Loos (1831‒1921) den prosperierenden Steinmetzbetrieb. Es war vereinbart, dass auch Loosens Teilhaber Johann Eduard Tomola zusammen mit ihr die Leitung der Firma weiterführen wird. Ihre Zusammenarbeit war jedoch von keiner langen Dauer: Tomola machte sich bald selbständig und gründete einen eigenen Konkurenzbetrieb.
So übernahm Marie Loos die Firma ab dem 1. Januar 1880 selbst, und die „Bildhauerei und Stein-Industrie Adolf Loos und Witwe“, wie sie in zeitgenössischen Werbedrucksachen genannt wurde, hat unter ihrer Leitung erfolgreich prosperiert. Die Firmenzentrale befand sich weiterhin in Loosens ehemaligem Brünner Atelier in der heutigen Kounicova-Straße, die Firma hatte mehrere Filialen und verwendete auch weiterhin die Marmorbrüche in Nedvědice (Nedwieditz), die sich teilweise in ihrem Besitz befanden und teilweise von der Gemeinde gepachtet waren. Zum Betrieb gehörte auch eine Metallwerkstatt und eine Gießerei, in denen Grabgitter, Kandelaber und Grableuchten aus Guß- oder Schmiedeeisen hergestellt wurden. Das Hauptbetätigungsfeld blieben jedoch architektonische Realisierungen und die Herstellung von Grabmälern.
Gerade auf dem Gebiet der Hersteller von Grabmälern war der Betrieb von Loosens Witwe die Brünner „Nummer eins auf dem Markt“. Von seinem Prestige zeugt u.a. die Tatsache, dass er als Lieferant des Grabmals des siebten Brünner Bischofs Karl Notig (1806–1882) ausgewählt wurde. Nach Auflösung des Stadtfriedhofs in der Kounicova-Straße wurden die vier Grabmäler der Brünner Bischöfe des 19. Jahrhunderts im Jahr 1910 auf den Petersberg versetzt und an den Außenmauern der St. Peter-und-Paul-Kathedrale aufgestellt. Nöttigs Grabmal wurde in unvollständiger Form an ihre Südmauer gesetzt.
Das Grabmal aus Nedwieditzer Marmor hat die Form eines hohen vertikal orientierten quadratischen Sockels, der oben von einem auskragenden profilierten Gesims abgeschlossen wird, aus dem ein lateinisches Kreuz mit einem durch einen Dreipass dekorativ geformten Abschluss der Balken herauswächst. Auf dem Gesims des Sockels befinden sich die in Marmor gehauenen Zeichen der Bischofswürde: auf einem Kissen befindet sich ein geschlossenes Buch, auf ihm liegen Handschuhe, Pallium und eine aufgestellte Mitra. Die Komposition wurde früher noch von einem Wiederkreuz und einem Bischofsstab aus vergoldetem Metall ergänzt. Ursprüngliche Bestandteile waren noch weitere dekorative Elemente, zwei säulenförmige Kandelaber mit Laternen an den Seiten und ein die Grabstelle säumendes Metallgitter mit neogotischer Formgebung. Die Ausführung weist ein gutes handwerkliches Niveau auf und erfüllt voll und ganz das konventionelle Formschema der Lösung eines Bischofsgramales, das den zeitgenössischen Gepflogenheiten entspricht.
Ähnliche Formen haben auch die anderen drei erwähnten Grabmäler der Brünner Bischöfe, beispielsweise dea Marmorgrabmal von Bischof Vinzenz Joseph, Graf von Schrattenbach (1744‒1819) an der nördlichen Außenmauer der Kathedrale aus dem Jahr 1857 von Benedikt Edele (1797‒1867), einem weiteren Brünner Bildhauer des 19. Jahrhunderts, an dem wir dieselben Symbole vorfinden, wie am Grabmal von Bischof Nöttig.

PC

Name
Grabmal von Bischof Karl Nöttig

Datierung


Route
Auf den Spuren von Adolf Loos

Kode
AL15

Typ
Sakralbau, Friedhofsgebäude

Adresse
Petrov, (Staré Brno), Brno, Střed

GPS
49.1912833N, 16.6073092E