Generaldirektion der Berg- und Hüttengesellschaft

C107

Die Berg- und Hüttengesellschaft beschloss nach dem Zerfall Österreich-Ungarns, ihren Sitz von Wien auf das Gebiet der neu entstandenen Tschechoslowakei zu verlegen, um nicht die Kontrolle über ihre nordmährischen Bergwerke zu verlieren. Deshalb wählte sie die Stadt Brünn, die sich in Reichweite von Wien befand, und ließ hier nach einem Entwurf des Wiener Architekten Karl Lehrmann das Gebäude der Generaldirektion, ein Wohnhaus für Angestellte und zwei Direktorenvillen errichten.

Das Eckgebäude der Generaldirektion an der Ecke der Straßen Kobližná und Sukova war als Multifunktionsbau konzipiert, welcher der Firma als auch den Bewohnern der Stadt dienen sollte. Die Anforderung an den Bau, entsprechend repräsentativ zu sein, wurde von der monumentalen klassizistischen Auffassung des Gebäudes im Geiste der Wiener Moderne und des Späthistorismus erfüllt, aufgrund des fortschrittlichen Eisenbetonskeletts konnte hier das damals höchste Gebäude in Brünn errichtet werden. Die Fassaden sind durch markante Gesimse mit Zahnschnitt gegliedert und mit polygonalen Erkern mit einer spezifischen Reliefdekoration verziert. Hier finden wir stilisierte antikisierende Figuren mit dem Firmenzeichen der überkreuzten Hämmer und mit anderem Arbeitsgerät. An der Ecke war der Eingang ins Café im Erdgeschoß, in dem auch Geschäfte und die Markthalle in der Seitengasse, der Sukova ulice, untergebracht waren. Hier befand sich auch ein eigener Zugang zu den Firmenräumlichkeiten der Montan- und Hüttengesellschaft, der durch die dekorierten repräsentativen Portale mit den Köpfen von Bergleuten in Helmen plastisch markanter wirkt. Die Firmenbüros, die sich in den Stockwerken befinden, waren über ein weitläufiges Vestibül zugänglich, das mit Pilastern verziert war und zu einem spiralförmigen Treppenhaus, einem Paternoster und einem Aufzug führte. Eine der Säulen des Treppenhauses wird von einem Relief mit arbeitenden Werksangehörigen in Lendenschurzen geschmückt, das vom Bildhauer Winkler aus Wien stammt. Der multifunktionelle Charakter des Hauses wurde durch die Wohnungen unter dem Dach unterstrichen. Bereits 1928 beschloss die Berg- und Hüttengesellschaft, ihren Sitz nach Prag zu verlegen, und ihr Brünner Gebäude wurde von der Sparkasse der Landeshauptstadt Brünn (Spořitelna zemského hlavního města Brna) gekauft, die ihre Zentrale von den nicht mehr ausreichend großen Räumlichkeiten in Královo pole, die vom Architekten Jindřich Kumpošt stammten, hierher verlegte. Nach einem Entwurf von Vladimír Fischer wurden die Räumlichkeiten für die Bedürfnisse der Sparkasse adaptiert, was auch dazu führte, dass der Haupteingang und das Vestibül mit der Statue von T. G. Masaryk in die Ecke verlegt wurden, von wo die Hauptschalterhallen im Mezzanin zugänglich waren. Die Büros, die Einlaufstelle und der Sitzungssaal der Sparkasse befanden sich im ersten Stock.  Das heutige Aussehen ist das Ergebnis von mehreren späteren Umbauten der Sparkasse, bei denen die kommerziellen Geschäfte im Erdgeschoß mit Eisenschaufenstern beseitigt und die Schalter in das Erdgeschoß verlegt wurden. Vom Atelier RAW wurde 1991 eine gelungene Adaption der ehemaligen Markthalle in der Sukova ulice und eine Umgestaltung des Parterres für die Zwecke des Brünner Theaters HaDivadlo vorgenommen.

 

 

Name
Generaldirektion der Berg- und Hüttengesellschaft

Datierung
1922

Architekt
Karl Lehrmann

Route
Zentrum 1918–1945

Kode
C107

Typ
Verwaltungsgebäude, Mehrzweckgebäude

Adresse
Kobližná 49/21, Sukova 49/4 , (Město Brno), Brno, Střed

Öffentlicher Verkehr
Malinovského náměstí (TRAM 1)
Malinovského náměstí (TRAM 2, 4, 11)
Malinovského náměstí (BUS 67)


GPS
49°11'43.457"N, 16°36'44.584"E

Literatur
Petra Hlaváčková, Architektonická tvorba Karla Lehrmanna, Brno 2007
Alena Trojanová, Architektura a bytová kultura v časopise Měsíc (1932–1941), Brno 2007
Cecilie Hálová-Jahodová, Brno. Stavební a umělecký vývoj města, Praha 1947