Mit der Entstehung der Tschechoslowakei nach dem ersten Weltkrieg und der Erweiterung Brünns um zwei Dutzend Dörfer in der Umgebung wurden an vielen Stellen neue urbanistische Lösungen und eine Regulierung der Bebauung der Stadtflächen notwendig. Einer dieser problematischen Punkte war das unbebaute Gebiet zwischen der Innenstadt und Žabovřesky (Sebrowitz) am Fuße des Kraví hora (Kuhbergs), wo sich das Gebäude der Tschechischen technischen Hochschule und eine Vielzahl alter militärischer Objekte befanden. Nach der Gründung der Masaryk-Universität, der Landwirtschaftlichen Hochschule und der Hochschule für Tiermedizin im Jahre 1919 wurde die Idee der Schaffung eines akademischen Viertels unter Nutzung des Hangs des Kraví hora (Kuhbergs) geboren, wo neue Hochschulbauten und ein repräsentativer Platz mit dem Namen Akademické náměstí (Akademieplatz) entstehen würden.
Der erste Bebauungsplan wurde im Jahre 1919 von Jindřich Kumpošt ausgearbeitet, und damit wurde die Richtung vorbestimmt, um die sich die Überlegungen der Stadt zur urbanistischen Gestalt dieses Stadtteils bis zum Beginn des zweiten Weltkriegs drehten. Kumpošts Entwurf basiert auf den Wagnerschen Vorstellungen von der Stadt als monumentaler Kulisse für grandiose gesellschaftliche Ereignisse. Die repräsentativen Gebäude der einzelnen Fakultäten gruppieren sich symmetrisch um die weitläufige Fläche des Platzes; dieser ist rechtwinklig zur Straße Veveří angelegt und wird von einem zentralen akademischen Gebäude abgeschlossen, das ihn gleichzeitig vom regen Treiben dieser Verkehrsader abgrenzt. Die Frage der urbanistischen und stilistischen Gestaltung des Akademischen Viertels wurde in den folgenden Jahren wieder und wieder durch eine Reihe urbanistischer Wettbewerbe und Ideen-Projekte aufgeworfen.
Der Gewinner des architektonischen Wettbewerbs des Jahres 1925 war der Prager Architekt Alois Dryák (1872–1932). Seine Konzeption des Platzes basierte ebenfalls auf klassizistischen Formen und einem monumentalen Maßstab, wie es übrigens in der Prager Szene bei vielen Architekten, die von der Wiener Akademie abgegangen waren, üblich war. Der keilförmige Platz ist in seinem Entwurf parallel zur Straße Veveří angelegt und durch das Gebäude des staatlichen Konservatoriums abgeschlossen. Die Längsseiten werden von den imposanten Gebäuden der einzelnen Fakultäten gebildet, in der Mitte des Platzes stehen ein Denkmal und ein Obelisk.
Die imposante Komposition des Platzes im Geiste des Klassizismus sollte die demokratischen Ideen des neu entstandenen Staates repräsentieren. Bei den jungen linksgerichteten avantgardistischen Architekten stieß sie jedoch aufgrund des unverhältnismäßigen finanziellen Aufwands und der unzweckmäßigen Repräsentativität des „Prager pseudomonumentalen“ Stils auf Widerstand. Zweifel an der Aktualität des Baus dieses triumphalen Platzes, seiner Ausrichtung und der Anforderung eines einheitlichen Stils bei allen Gebäuden, entstanden bereits beim Bau des ersten der geplanten Objekte – der juristischen Fakultät. Im Jahre 1931 wurde ein weiterer Ideenwettbewerb zum Platz ausgeschrieben, zusätzlich ergänzt durch das Gebäude des Obersten Gerichts, was auf den Seiten der Zeitschrift „Index“ unter Fachleuten eine lebhafte Diskussion entfachte. Als zudem im Jahre 1932 Alois Dryák starb und Europa von den Folgen der Wirtschaftskrise bedrängt wurde, war klar, dass eine weitere Umsetzung dieses groß angelegten Entwurfs reine Utopie war.
Von den Gebäuden des geplanten Akademieplatzes steht bis heute nur Dryáks juristische Fakultät. Auch heute ist jedoch die Frage der unvollständigen Bebauung des Gebiets in ihrer unmittelbaren Umgebung und das Problem provisorischer Objekte an den Hängen des Kraví hora (Kuhbergs) immer noch aktuell. Der bisher letzte Wettbewerb zu diesem Gebiet, auf dem Gebäude der Fakultäten für Architektur und bildende Kunst sowie das Institut für Gerichtsingenieurwesen der Technischen Hochschule entstehen sollten, fand im Jahre 2008 statt; gewonnen hat dabei der bisher nicht realisierte Entwurf der Architekten Ladislav Kuba und Tomáš Pilař.
PH