Das neue Verwaltungsgebäude für die Witkowitzer Eisenwerke füllte eine über einen langen Zeitraum ungenutzte Baulücke, die nach der Bombardierung Brünns während des Krieges am Rand der Ringstraße direkt gegenüber dem Hauptbahnhof entstanden war. Mit dem Entwurf eines Brünner Firmensitzes der Mährisch-Ostrauer Eisenwerke hatte sich bereits zu Beginn der zwanziger Jahre der Architekt Ernst Wiesner beschäftigt, der ihn damals als Stadtpalais klassizistischer Prägung mit einer Reihe historisierender Details sah – seine Baupläne wurden schließlich von der Mährischen Landeslebensversicherungsanstalt käuflich erworben und realisiert. Das Bürogebäude für die Eisenwerke in Brünn entstand somit erst einige Jahrzehnte später nach den im Jahr 1982 von den drei Architekten Jaromír Kurfürst, Jiří Suchomel und Alena Šrámková entworfenen Plänen. Die definitive Realisierung des Hauses hat sich jedoch bis in die Nachwendezeit Anfang der neunziger Jahre hingezogen, als es privatisiert und anschließend als Geschäftsräume und Casino genutzt wurde.
Der im Liberecer Atelier SIAL der Bauplanungsgesellschaft Stavoprojekt aktiv tätige Architekt Jiří Suchomel und die Prager Architektin und Professorin Alena Šrámková zählten in jener Zeit zur progressivsten Linie der tschechoslowakischen Architektur, was das Verwaltungsgebäude der Witkowitzer Eisenwerke besonders in der Lösung der Südfassade zeigt. Das neunstöckige Objekt besitzt eine Stahlkonstruktion und ragte dank der doppeltverglasten Fassade heraus, die an der Ecke in der Mitte der Fensterflucht wie ein weit geöffneter Buchstabe V abgeknickt ist. Die quadratischen Fenster mit der traditionellen Kreuzunterteilung schuf ein regelmäßiges geometrisches Fassadenraster kombiniert mit trennenden vertikalen und horizontalen perforierten Streifen. Die fünf oberen Büroetagen erhielten so eine ungewöhnliche Leichtigkeit, Transparenz und gleichzeitig eine ausgezeichnete Beleuchtung der Innenräume. Außer den Amts- und Büroräumen der Eisenwerke und der Firma Chepos sollte das Gebäude vor allem einen fließenden Durchgang zwischen dem Stadtzentrum von der Straße Josefská und der ein Stockwerk tiefer gelegenen Bahnhofstraße gewährleisten, die zum Verkehrsknotenpunkt der Stadt führt. Die Architekten formten die unteren zwei Etagen demnach als teilweise eingelassene überdachte Durchgangsgeschäftsetagen, die durch Rolltreppen auch mit der Unterführung verbunden sind. Dabei verwendeten sie zur Fassade kontrastierende Stahlbetonelemente in Form eines umlaufenden Fassadenstreifens und mächtige zylinderförmige Stützpfeiler im offenen Teil des Parterres.
Dieses herausragende Beispiel für die technizisierende Linie der Architektur der achtziger Jahre, welche die Kenntnis der damaligen Hightech-Tendenzen verrät, wurde im Jahr 2002 leider von einem tragischen Brand heimgesucht. Von dem Gebäude blieb nach einem weiteren Jahrzehnt nur der freigelegte Torso des Hauses übrig, der auch fernerhin als Durchgang dieses ausgelasteten Stadtbereichs diente. Nach jahrelangen komplizierten politisch-eigentumsrechtlichen Streitigkeiten und Verhandlungen wurde die Parzelle für das neue, von den Architekten Tomáš Dvořák, Martin Klimecký und David Fišer entworfene Geschäftszentrum Letmo genutzt, das im Jahr 2013 eröffnet wurde und die Qualitäten des früheren Gebäudes jedoch bei weitem leider nicht erreicht. An den tragischen Brand und die beiden Opfer aus den Reihen der Feuerwehrmänner erinnert im Foyer des Gebäudes ein Denkmal des Bildhauers Adam Krhánek.
KE