Im Jahre 1919 entschied sich das tschechoslowakische Parlament für den Bau eines Postscheckamtes in Brünn, dessen Aufgabe es war, Überweisungen zwischen wirtschaftlichen Subjekten durchzuführen. Dies spielte eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der Währung im jungen Staat und bei der Senkung des Bedarfs an in Umlauf befindlichem Geld und Barzahlungen. Das Postministerium kaufte von der Stadt Brünn Grundstücke in der Kounicova-Straße an, wo sowohl das Scheckamt als auch das benachbarte neue Gebäude der Direktion der Post- und Telegraphenämter entstehen sollten. Das Ministerium beauftragte deshalb die Architekten Josef Hrubý, František Roith, Jaroslav Stocker und Emil Králík, im Rahmen eines Wettbewerbs Entwürfe auszuarbeiten, von denen die Jury einstimmig das Projekt des Prager Architekten František Roith auswählte, der auch beim späteren Wettbewerb für den Bau des Prager Scheckamtes am Václavské náměstí (Wenzelsplatz) gewann. Von den zwei geplanten Gebäuden in Brünn wurde aus Mangel an finanziellen Mitteln in den Jahren 1923–25 nur das Gebäude der Direktion realisiert, in dem vorübergehend auch das Scheckamt untergebracht sein sollte, dessen Bau auf spätere Zeit verschoben wurde.
Der Bau des Architekten Roith erfüllte die Anforderungen des Brünner Stadtrates, der großen Wert auf eine monumentale Konzeption der Gebäude in der Kounicova-Straße legte, da hier eine neue Straße mit großstädtischem Charakter entstehen sollte. Das markante Gebäude mit drei Innenhöfen ist Bestandteil eines Häuserblocks; sein Grundriss ist in Amtsräume und einen Flur an der Hofseite geteilt. Die Fassaden sind plastisch durch Gesimse, Pilaster und Risalite gegliedert; am markantesten ist allerdings die künstlerisch gestaltete Eingangsfassade mit einem zentralen Portikus, der aus dorischen Säulen und einem Balkon mit Balustrade besteht. Hier vereint sich Roths Prager Monumentalismus, der von Kubismus und dem dekorativen Nationalstil beeinflusst ist, mit den plastischen Collagen des Bildhauers Zdeněk Pešánek. In den runden Allegorien in der Mitte der Eckrisalite dient der avantgardistische bildhauerische Ausdruck der Feier von Industrie, Verkehr, Telekommunikation und sozialem Ausgleich.
Zum Bau des geplanten Scheckamtes kam es schließlich nicht mehr, auf der angrenzenden Parzelle wurde nach dem Krieg der Sitz der Direktion der Staatsbahnen nach einem Entwurf von Evžen Škarda erbaut, da das Post- und das Eisenbahnministerium zum Ministerium für Verkehr zusammengelegt wurden. Dieses neuere Objekt schließt jedoch mit seinem Grundriss an das ältere Gebäude an, wie es auch schon früher geplant war. In Roiths Gebäude sind heute die Generaldirektion der Tschechischen Bahnen und eine Filiale der Tschechischen Post untergebracht.
PH