Mietshaus von Josef Jelinek

B027

Der Bereich des Jakobsplatzes (Jakubské náměstí) um den spätgotischen Stadtdom St. Jakob wurde im Rahmen der Anfang der 20. Jahrhunderts durchgeführten großen Assanierung des Brünner Stadtkerns umgestaltet. Durch den Durchbruch der Straße Rašínova – der Schlüsselverkehrsader der neuen urbanen Komposition des Brünner Stadtkerns, die den Freiheitsplatz mit dem als Park hergerichteten Raum vor dem ehemaligen Deutschen Haus und dem heutigen Mährischen Platz miteinander verbindet – und durch die allmähliche Ersetzung der alten niedrigeren Bebauung durch konstruktionsmäßig und funktional moderne öffentliche Gebäude und Mietshäuser mit Geschäftsparterre kam es zu einer radikalen Veränderung des Aussehens und der Anordnung der urbanen Struktur um eines der bedeutendsten mittelalterlichen Denkmäler der Stadt.
Die Gestalter, von denen die neuen Bebauungspläne stammten, mussten sich mit dem unmittelbaren Bezug zu der in Sichtweite liegenden monumentalen Kirche auseinandersetzen, was sich im Falle des neuen Pfarrhauses St. Jakob von Germano Wanderley (1900–1901) und des an der schräg gegenüberliegenden Ecke nach einem Entwurf von Maxim Johann Monter errichteten Mietshauses von Wenzel Foit und Emil Paiker (1905, Jakubské náměstí 101/2) in der Umsetzung einer deutlich neogotischen Lösung niederschlug.
Die Neubauten des Westteils des nördlichen Blockes des Jakobsplatzes mit dem angrenzenden (der Straße Rašínova zugewandten) Bad war Bestandteil eines umfangreichen Investitionsvorhabens des Baumeisters Josef Jelinek. Während das neue 1905–1906 (an der Stelle des älteren Dianabades) errichtete Zentrale Stadtbad von Hubert Gessner entworfen wurde, stammen die Pläne der Mietshäuser für Jelinek am Jakobsplatz von dem bewährten Architekten Maxim Johann Monter. Die drei mächtigen vierstöckigen Häuser mit Geschäftsparterre im Erdgeschoss und Wohnungen in den Obergeschossen hat Monter mit bemerkenswerten Fassaden in einer originellen Stilhaltung versehen, welche die Verwendung klassischer neogotischer Schemata bereits aufgegeben hat und von denen Monter an der Fassade des nahegelegenen Hauses Jakubské náměstí 2 noch Gebrauch gemacht hatte. Von den gotisch-renaissancezeitlichen Bautraditionen des Nordens verwendete Monter die deutliche Vertikalität der Baumassen, noch gesteigert durch steile Giebelsysteme und polygonale und rechteckige, die Obergeschosse verbindende Erker; der Eindruck von Vertikalität und Höhe wurde noch durch Unterdrückung der horizontalen tektonischen Linien (außer einer deutlichen Abtrennung des Geschäftsparterres) gesteigert. Eine gewisse romantische Milderung des architektonischen Ausdrucks der Fassaden wurde durch eine offene Arkadenloggia in der oberen Partie der niedrigeren gebrochenen Ecke des Hauses Jakubské náměstí 3 und durch eine gemäßigte Verwendung von Reliefdekors mit figuralen, pflanzlichen und abstrakten ornaentalen Elementen erreicht.
Monters vertikal ausgerichtete architektonische Fassadenstrukturen verwendeten hier immer noch deutlich historisierende Elemente – Giebel, Erker, Loggia, von Faschen oder einem ornamentalen Dekor umrahmte Öffnungen – allerdings in modernistisch vereinfachter Form, und der gesamte Gestus des Blocks mit den emporragenden Giebeln und gegliederten Baumassen ist bereits nicht mehr historisierend, sondern eine modernistische Verwendung klassischer Themata, die aus der langen Tradition der europäischen Architektur organisch gewachsen ist. Monter hat hier in Bezug zum St. Jakobsdom von Versuchen um stilistische Einheit zugunsten einer ästhetischen Einheit abgesehen. In einem daran anknüpfenden Geiste hat Monter dann den ausgedehnten Häuserblock der Baumeister Adolf Bacher und Karel Pětník in den Straßen Masarykova, Průchodní, Radnická und am Krautmarkt erfolgreich entworfen (1909–1912), eine solche Form der Suche eines Stils an der Grenze des Späthistorismus und der Moderne hat aber beispielsweise auch Vladimír Fischer in seinen Entwürfen der Mietshäuser von Josef Müller in der Straße Kotlářská 3 und 5 verwendet (1909).

Den Neubau am Jakobsplatz Nr. 3 hat Josef Jelinek bald an eine Versicherungsanstalt verkauft, die ihn dann über einen langen Zeitraum besaß (Unterstützungsfonds für Angestellte und Witwen- und Waisenkasse der Schaffwollfabrik in Brünn, in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts besaß das Haus dann die Gegenseitige Bauernversicherung in Prag).

Aleš Homola

Name
Mietshaus von Josef Jelinek

Datierung
1907

Architekt
Maxmilian (Maxim) Johann Monter (Morgenstern)

Kode
B027

Typ
Mietshaus

Adresse
Jakubské nám. 644/3, Rašínova /10 , (Město Brno), Brno, Střed

GPS
49°11'48.8"N 16°36'28.2"E

Quellen
https://pamatkovykatalog.cz/najemni-dum-18809401
Amtsblatt zur Brünner Zeitung, 243, 23. 10. 1906, s. 2.