Schon vor dem 1. Weltkrieg hatten qualitativ hochwertige Bauten in Königsfeld (Kralovo Pole) eine Tradition. Neben bemerkenswerten späthistorisierenden Bauten findet man dort auch wertvolle Beispiele für die Jugenstilarchitektur. Das kleine Mietshaus von Jan Mašek in der Palacký-Straße (Palackého třída) ist eines der reinsten Vorzeigestücke des Jugendstils in Brünn. Es ist das Werk des Baumeisters Franz Pawlu (1854–1922) und kann dem Ensemble radikaler Bauten aus der Jugendstilperiode des Architekten zugeordnet werden, die den Triumph des neuen Reformstils manifestieren.
Die sechsachsige Fassade des zweigeschossigen Mietshauses mit leicht hervortretenden erhöhten Seitenachsen wird von segmentierten Giebeln gekrönt, die durch eine flache Attika miteinander verbunden sind. Die Stirnseiten der Giebel tragen die Jahreszahl 1905 und die Initialen des Bauherrn Jan Mašek. Die Fassade ist mit einem anspruchsvollen floralen Jugendstildekor mit dem Motiv geschwungener Rauchfahnen bedeckt. An hochsteigenden Zigarettenrauch erinnernde geschwungene Rauchfahnen, die ihre Form je nach Luftbewegung ändern, wurden als eigenständiges abstraktes Ornament oder für stilisierte Linien von Blumenblättern und –stengeln verwendet, wie dies auch im vorliegenden Fall zu sehen ist.
Unter der Attikakrönung über den Fenstern des Obergeschosses wird die Fassade von einem bemerkenswerten durchgehenden metallenen Vordach ergänzt, das von Konsolenbögen getragen wird. Das Vordach wurde über einen ähnlich gestalteten metallenen Balkon gesetzt, der reich mit geschwungenen Bögen und dreifachen Rosetten verziert ist, die das Piano nobile betonen. Die Gesamtlösung reagiert auf diese Weise auf das Wiener Werk Otto Wagners und die von ihm formulierten Prinzipien des neuen dekorativen Stils mittels Reliefstuck, Metall und Glas.
Die Lage des Hauses an der Mündung der heutigen Husitská-Straße in die Palacký-Straße stellt eine reputable Adresse im Kern des neuen Zentrums von Königsfeld dar und bringt die neue „großstädtische“ Orientierung der dortigen Architektur zum Ausdruck, nachdem Königsfeld im Jahr 1905 zur Stadt ernannt wurde.
Das Haus ist nach einer Gesamtsanierung in einem relativ guten Zustand. In die linke Seitenachse der Front wurde sekundär jedoch ein neuer Eingang gebrochen, der, wie historische Fotos belegen, nicht ursprünglich ist. Bei der Renovierung des Hauses wurde auch eine markante grüne Fassadenfarbe gewählt, welche die Authentizität dieser wertvollen Jugendstilarchitektur schmälert.
Pavla Cenková