Eigene Villa von Václav Dvořák

C182

Václav Dvořák war ein bedeutender Brünner Baumeister, der auf grundlegende Weise das Bild der Bauproduktion und die städtebäuliche Entwicklung Brünns in der Zwischenkriegszeit beeinflusste. Die neuen großstädtischen Mietwohnblocks der Mittelklasse, die seine Firma realisiert hatte, kennzeichneten sich durch eine moderne architektonische Handschrift und eine hochentwickelte technische Ausstattung. Für den Bau des eigenen Hauses wählte er aber eine andere Herangehensweise. So entstand eine repräsentative Residenz mit großzügigen räumlichen Möglichkeiten, die eine würdige Kulisse für seine umfangreiche Sammlung moderner Kunst bildete.
Die dreistöckige Villa auf einem attraktiven Grundstück in der Nähe des Wilsonův les (Wilson-Wald) entspricht nicht den damaligen modernsten Vorstellungen funktionalistischer Strömungen. Dies bewirkt das Walmdach und die deutlich überzogenen Kronengesimse, sowie auch die insgesamt monumentale Wirkung des Bauwerkes. Das Interieur verbirgt eine komplizierte, durch die vielfältige Nutzung bestimmte Raumordnung. Im Erdgeschoss befanden sich ursprünglich eine Hausmeisterwohnung, eine Garage, ein Waschraum und ein Lagerraum. Vom Vestibül führt eine Treppe in den ersten Stock, in dem das Wohnzimmer und die Veranda dominieren. An der Fassade wird die Veranda durch einen länglichen Erker mit einer Travertinverkleidung zum Ausdruck gebracht. Im zweiten Stock befinden sich weitere Zimmer und auch die vom schmalen Flur zugängliche Terrasse. Von Fotos aus der Zeit kennen wir die Innenraumgestaltung, die nach dem Entwurf von Jaroslav Grunt und Mojmír Kyselka entstand. Die modernen Möbel wurden von Werken aus Dvořáks Sammlung avantgardistischer Kunst sowie von Arbeiten, die auf Bestellung direkt für diese Räume geschaffen wurden, ergänzt. Sie stammen von Antonín Procházka – es handelt sich dabei um mehrere großflächige Gemälde (Symphonie, Baum des Lebens und Baukunst), ein Mosaik (Vier Jahreszeiten) und einen Gobelin (Parisurteil), der nach dem Entwurf des Malers angefertigt wurde. Dieses Interieur – eines der interessantesten der Brünner Zwischenkriegszeit – konnte sein Auftraggeber allerdings nicht allzu lange genießen. Nach dem kommunistischen Umsturz 1948 musste Dvořák als Repräsentant des gehassten Kapitalismus mit seiner Familie ausziehen; seine Firma wurde verstaatlicht und der Baumeister wurde zur Zwangsarbeit auf den Bau von Klement Gottwalds Neuem Hüttenwerk in Ostrava-Kunčice geschickt. Damit endete jedoch seine Persekution nicht – schlimmere Peripetien verursachte seine Kunstsammlung. Unter dem Vorwand des illegalen Verkaufs von Kunstwerken wurde Dvořák für zwei Jahre in Prag auf Pankrác in Haft genommen und die konfiszierten Werke wurden zu einem wichtigen Bestandteil der Sammlungen der Mährischen Galerie in Brünn.
In den 70er und 80er Jahren diente die Villa als Kindergarten. Nach der Revolution 1989 bekamen die Erben die Villa restituiert und sicherten ihre Rekonstruktion, sowie eine Teilerneuerung Dvořáks Kunstsammlung.

 

 

 

Name
Eigene Villa von Václav Dvořák

Datierung
1936 – 1937

Architekt(inn)en
Václav Dvořák stavitel, (Sergej Medvěděv), Mojmír Kyselka, Jaroslav Grunt

Route
Žabovřesky / Sebrowitz 1918–1945

Kode
C182

Typ
Einfamilienhaus, Villa

Adresse
Foustkova 104/19, (Stránice), Brno, Střed

Öffentlicher Verkehr
Náměstí Míru (TRAM 4)
Barvičova (TROL 35, 39)


GPS
49°12'13.733"N, 16°34'43.579"E

Literatur
Petr Pelčák, Ivan Wahla (eds.), Václav Dvořák, Vilém a Alois Kuba. Brněnští stavitelé 30. let, Brno 2002
Jan Sedlák (ed.), Slavné brněnské vily, Praha 2006